Ausgangslage
Im Kontext steigender Fallzahlen und Ressourcenbeschränkung ist die Bewirtschaftung der Geschäftslast, d.h. der eingehenden und hängigen Fälle, in der Schweizer Justiz – wie auch in vielen anderen Ländern – ein aktuelles Thema. Fälle unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Komplexität und nehmen unterschiedlich viel Zeit zur Bearbeitung in Anspruch. Somit sagen ungefilterte Fallzahlen nur wenig darüber aus, wie viel Arbeit diese Fälle an einem Gericht generieren. In der Schweiz ist bisher kaum Zahlenmaterial zur Arbeitslast der Gerichte vorhanden.
Um die Arbeitslast auf objektive und empirisch basierte Weise zu ermitteln, wird eine Geschäftslaststudie angewendet. Die Geschäftslaststudie dient demzufolge der Bestimmung der Arbeitszeit, welche Richterinnen und Richter, Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber sowie Gerichtsmitarbeitende durchschnittlich für die Bearbeitung von „typischen“ Fällen verschiedener Rechtsgebiete aufwenden. Die mittels einer Geschäftslaststudie erhobenen Daten sind eine wichtige, wenn nicht unabdingbare, Grundlage für die Geschäftslastbewirtschaftung als bedeutsames Element des Justizmanagements, wie auch für die Bestimmung des Personalbedarfs der Justizorganisationen.
In der Schweiz hat sich bisher keine einheitliche bzw. allgemein anerkannte Methodik für Geschäftslaststudien, d.h. für die Erhebung der durchschnittlichen Bearbeitungszeiten pro Geschäft, durchgesetzt. Aufgrund geringer empirischer Erfahrung und den Besonderheiten des Justizsystems gibt es noch grosse Unsicherheiten bezüglich der Methodik von Geschäftslaststudien. International bestehen teilweise langjährige Erfahrungen mit Geschäftslaststudien, doch ein solider Konsens bezüglich der Methodik scheint es (noch) nicht zu geben.